Die zuletzt stark gestiegene Zahl von Historikerkommissionen auf nationaler, regionaler und lokaler wie auch auf bilateraler Ebene (Deutschland-Polen, Deutschland-Frankreich, Deutschland-Tschechien, Deutschland-Italien u.a.) zur Aufarbeitung der verbrecherischen Aspekte des 'Dritten Reiches' und des Zweiten Weltkriegs können insgesamt als Teil einer neuen Geschichtspolitik sowie einer Erinnerungslandschaft begriffen werden, die die politische Kultur in Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern mit geprägt haben. Die Berichte der Kommissionen und ihrer Forschungsergebnisse werden regelmäßig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht; zuweilen bildeten sie sogar - so im Fall der Veröffentlichung über 'Das Amt' - den Anlass für langwierige öffentliche Kontroversen. Angesichts dieser Konstellationen waren eine systematische Bestandsaufnahme der jüngsten Entwicklungen sowie eine kritische Debatte der Tätigkeit der neu eingerichteten Historikerkommissionen überfällig. Die Einzelbeiträge des Tagungsbandes folgen einer gleichförmigen Struktur: Erstens geben sie Auskunft über den Modus der Beauftragung, die Form der Mitgliedschaft und generelle Arbeitsweisen. Zweitens geht es darum, die weiteren historischen Entstehungsbedingungen sowie die Arbeitsaufträge ausgewählter Kommissionen zu beleuchten. Drittens werden die hierbei aufgetretenen Probleme und auch die Grenzen ihrer Tätigkeit kritisch reflektiert. Darüber hinaus unterstreicht der Tagungsband die Notwendigkeit, Historikerkommissionen breite Handlungsspielräume zu gewähren, denn nur sie vermögen zur Überwindung nationaler und ideologischer Grenzen historischer Erkenntnisbildung einen substanziellen Beitrag zu leisten.
Christoph Cornelißen, Goethe-Universität Frankfurt; Paolo Pezzino, Università di Pisa |