Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Literaturgeschichte, Epochen, Note: sehr gut (1), Justus-Liebig-Universität Gießen (Institut für Germanistik), Veranstaltung: Das Drama der Aufklärung, Sprache: Deutsch, Abstract: Bei einer näheren Betrachtung der deutschen Literatur in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts fällt auf, dass das Motiv der Kindsmörderin in allen Arten der Dichtung sehr häufig auftritt. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts waren europaweit Probleme der Kinderversorgung durch den Staat oder die Kindesaussetzung diskutiert worden. Während in anderen Ländern letztgenanntes Phänomen den Schwerpunkt bildete, beanspruchte in Deutschland vor allem das Problem der Kindestötung besondere Aufmerksamkeit. Dies spiegelt sich auch in der Literatur. Man denke, um nur die bekanntesten Beispiele zu nennen, etwa an die Gretchentragödie in Goethes Faust oder Wagners 'Kindermörderin'. Da Dichter stets im Kontext ihrer Zeit stehen, ist es in jedem Fall von großer Bedeutung, den realhistorischen Hintergrund literarischer Texte zu kennen. Im Falle des Kindsmords trifft dies in besonderem Maße zu, da gerade hier die dichterische Arbeit in engem Zusammenhang mit einer angeregten Diskussion und großen gesellschaftlichen Umbrüchen stand. Im Rahmen der Aufklärung fand ein Umdenken hinsichtlich gesellschaftlicher und sittlicher Anschauungen statt, während andererseits alte gesetzliche Bestimmungen noch in Kraft waren. Der Kindsmord als Thema besaß daher zum damaligen Zeitpunkt höchste Aktualität. In dieser Arbeit sollen die genannten Zeitumstände im Einzelnen beleuchtet werden, die eine Grundlage der literarischen Analyse bilden. Eine konkrete Betrachtung literarischer Beispiele selbst würde den Rahmen dieser Arbeit leider sprengen, weshalb zum Abschluss der Ausführungen nur kurz auf Variationen des Motivs in der Dichtung sowie beispiel- und skizzenhaft auf Wagners 'Kindermörderin' eingegangen werden soll. |